März 2019

Editorial

Karl Reiter

Liebe Kolleg_innen!

Dass Universitäten mit der „normalen“ Arbeitswelt sehr wenig zu tun haben, zeigt die aktuelle  Diskussion zur zukünftigen Gestaltung der Arbeitszeit in Österreich. Für das wissenschaftliche Personal gilt nämlich jetzt schon und zwar bereits seit dem Inkrafttreten des Universitätsgesetzes (2004; § 110) eine maximale Tagesarbeitszeit von 13 Stunden und eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von bis zu 48 Stunden, und vor allem gilt weder das Arbeitszeitgesetz noch das Arbeitsruhegesetz. Begriffe wie Überstunden oder Zeitausgleich sind weder im Universitätsgesetz noch im Kollektivvertrag definiert. Diesen Vorgaben stehen jedoch auch einige positive Aspekte der Arbeitszeitgestaltung gegenüber: So haben Professor_innen, Assoz. Professor_innen, Ass.-Professor_innen, sowie übrigens auch a.o. Professor_innen das Recht auf freie Wahl ihres Arbeitsortes, und für alle KV-Bediensteten gilt, dass sie die freie Wahl des Beginns und des Endes ihrer täglichen Arbeitszeit haben.

So wie die diskutierte Freiwilligkeit der Überstunden im kommenden Gesetz zur Arbeitszeit als eher fragwürdig erscheint, so gilt das auch für die freie Wahl  des Beginns und des Endes der täglichen Arbeitszeit für viele Kolleg_innen. Dieser Vorgabe des KV (§31) steht die verpflichtende Festlegung der täglichen Arbeitszeit durch ein Formular der Personalabteilung diametral entgegen. Als Betriebsrat versuchen wir schon seit Jahren, dieses Formular von der Anstellungsprozedur auszuschließen – bis jetzt nur mit dem Teilerfolg, dass Dienstvorgesetzte dem Zeitplan nicht mehr zustimmen müssen, sondern nur mehr bestätigen müssen, dass sie die festgeschriebenen Zeiten „gesehen“ haben. Das Argument der Dienstgeberseite, dass ohne dieses Formular alle Angestellten der Universität Wien Arbeitszeitaufzeichnungen führen müssten, entbehrt jeder Grundlage. Es muss festgehalten werden, dass das Festschreiben von fixen Arbeitszeiten vom Gesetzgeber nicht intendiert war, denn sonst wären der MÖGLICHE 13-Stunden-Arbeitstag und die MÖGLICHE 48-Stunden-Woche einfach als untragbarer und unsozialer Zustand zu bezeichnen.

Wir wissen als Betriebsrat, dass es in der Regel meist Einvernehmen zwischen den Bediensteten und ihren Vorgesetzten zur Gestaltung der Arbeitszeit gibt – aber leider gibt es einige wenige „schwarze Schafe“, die ihre Mitarbeiter_innen in untragbare zeitliche Vorgaben pressen. Deswegen müssen wir als Betriebsrat darauf drängen, dass starre Vorgaben der wöchentlichen Arbeitszeit verschwinden. Genaugenommen sind Dienstvorgesetzte sogar dazu verpflichtet, darauf zu achten, dass ihre Mitarbeiter_innen die Arbeitszeit nicht überschreiten – alles andere wäre eine Verletzung der Fürsorgepflicht.

Übrigens: Für Teilzeitbeschäftigte ist eine Mehrdienstleistung von maximal 10% des Anstellungsumfanges erlaubt – d.h. Prädocs mit 30-Stundenverträgen dürfen maximal 33 Stunden pro Woche arbeiten.

In meinen Anfangsjahren an der Universität habe ich ständig gehört, dass man nur durch Selbstausbeutung im Wissenschaftsbetrieb Erfolg haben könne – und ja, zeitlich begrenzt für einige Jahre konnte ich dem zustimmen, vor allem unter dem Aspekt, dass früher diese Selbstausbeutung in vielen Fällen tatsächlich zu einem sicheren Posten an der Universität führte. Aber heute gilt dieser „Deal“ nicht mehr, denn unbefristete Anstellungen sind mehr als dünn gesät. Oft reicht die Dauer der Anstellung nicht einmal für angestrebte Abschlüsse wie das Doktorat für Prädocs (nur 19% schaffen es in der Anstellungszeit) oder die Habilitation für Postdocs.

Auch wenn uns als wissenschaftliche Bedienstete die aktuelle Diskussion zur Arbeitszeit nicht betrifft, so möchte ich trotzdem zur Teilnahme an der Demonstration der Gewerkschaften gegen die Pläne der Bundesregierung am 30.6. aufrufen (Start 14 Uhr beim Westbahnhof, Ecke Kaiserstraße; mehr Informationen: https://www.neinzum12stundentag.at/). Da geht es nämlich nicht nur um den 12-Stunden-Arbeitstag, sondern um die Aushebelung der Sozialpartnerschaft. Für das Ziel, auf freiwilliger Basis länger arbeiten zu dürfen, bedürfte es keines Gesetzes – dazu reichen Betriebsvereinbarungen, wie es sie in vielen Unternehmen bereits jetzt gibt, vollkommen aus.

Im Namen aller Mitglieder des Betriebsrats wünsche ich Ihnen einen schönen und erholsamen Sommer.

Karl Reiter

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(1) AK WAHLEN
(2) UB-DIENSTE ZUR ERFÜLLUNG DIENSTLICHER PFLICHTEN
(3) NEUE REGELUNGEN ENTGELTFORTZAHLUNG BEI KRANKHEIT
(4) NEUERUNGEN FÜR UNI-MITARBEITERiNNEN
(5) ERFOLG DES BETRIEBSRATS: BESSERE ANRECHNUNG VON VORERFAHRUNGEN
(6) TERMINE
(7) RABATTE/ANGEBOTE
(8) GESUCHT: FOTOS FÜR DEN RRM-WANDKALENDER 2020
(9) WIR ÜBER UNS
ENGLISH SUMMARY (March 2019)